Die 11. Interdisziplinäre Fachtagung des Verbundes für Ausbildung und Studium in den Therapieberufen (VAST) war auch in diesem Jahr mit ca. 15o Teilnehmern ein voller Erfolg.
Ein wesentlicher Grund für das große Interesse an der Tagung wird in dem Beitrag von Herrn Ministerialdirigent Markus Algermissen aus dem BMG (Abteilungsleiter 31, Medizin und Beruferecht) begründet sein, dessen Ausführungen zum „Stand des Novellierungsprozesses in den Therapieberufen“ von den Angehörigen aller Professionen mit Spannung erwartet wurde.
In seiner Rede ging er zunächst auf das Pflegestudiumsstärkungsgesetzes und auf den Antrag der Regierungsfraktionen ein, der eine Verstätigung der Möglichkeit zur hochschulischen Ausbildung nach Ablauf der Modellklausel am 31.12.2024 ermöglicht („Übergangsverordnung“). In der Begründung dieser Gesetzesänderung wird der Zeitplan für die Novellierung der ELP-Berufsgesetze angesprochen. So soll die Physiotherapie bis 2025, die Logopädie bis 2026 und die Ergotherapie bis 2027 novelliert werden soll. Für die Physiotherapie steht eine Teilakademisierung fest, wobei er weiter erwähnt, dass entsprechend der Empfehlung der Bund-Länder-AG für die Logopädie die Vollakademisierung in Frage kommen könnte und für die Ergotherapie die Teilakademisierung. Die aus der Hörerschaft geäußerte Sorge bezüglich der genannten Termine, sie liegen für Logopädie und Ergotherapie in einer neuen Legislaturperiode, konnte er nicht vollständig ausräumen, verwies aber auf politische Erfahrungswerte, die eine Umsetzung der derzeit geplanten Reformen wahrscheinlich machten.
Auf Nachfrage äußerte er sich auch zum Thema der Ausbildungsfinanzierung, die bisher noch nicht zufriedenstellend geklärt werden konnte und bei der man bei Modellen der Teilakademisierung den Aspekt der Attraktivitätsunterschiede zwischen Ausbildung und Studium mitdenken müsse (Stichwort Ausbildungsvergütung). Auf Grund der Kassenlage äußerte er sich skeptisch zu den Forderungen, eine der Pflege vergleichbaren Fondfinanzierung für die ELP-Berufe einzuführen.
Die Entscheidung zur Teilakademisierung der Physiotherapie verteidigte Algermissen und zeigte auf, dass Tätigkeiten wie die eigenständige Anamnese und Diagnostik, das Erkennen von Kontraindikationen, die Auswahl der Methode, Therapiefrequenz und -dauer auf der Ebene der hochschulisch ausgebildeten Physiotherapeut*innen zu verorten seien. Demzufolge sähe er auch den Direktzugang auf dieser Ebene, gleichwohl er bei der Betrachtung einen angemessenen Umgang mit der Berufserfahrung für wichtig halte. Keine Einschätzung konnte er bezüglich der angemessenen Verortung der schulischen und hochschulischen Bildung im DQR treffen. An dieser Stelle wird es Klärungsbedarf, v.a. für die schulische Ausbildung sowie potenzielle Übergangsszenarien geben, da DQR 4 den Kompetenzen für die beruflichen Tätigkeiten bereits aktuell nicht gerecht wird.
Für die Logopädie unterstrich er erneut, dass eine Vollakademisierung im Rahmen der Gesetzesnovellierung zu prüfen sei.
Die Kolleginnen aus BALD und dem VLLP nutzen die Diskussionszeit, um Herrn Algermissen zu verdeutlichen, dass die Verzögerung in den Berufen ELP auch für die Berufsgruppe der Diätassistent*innen und Podolog*innen Folgen hat, da auch ihr Berufsgesetz dringend reformiert werden müssen, jedoch auf „danach“ verschoben werden. So bleibt die Berufsbezeichnung Diätassistent*in weiterhin unbefriedigend und auch die Situation bezüglich einer Vielzahl von ungeregelten Studiengängen im Handlungsfeld der Diätetik wirke sich nachteilig auf die Profession aus.
Nicht weniger mit Spannung erwartet, wurde der Vortrag mit dem Titel „Im Übergang zur Vollakademisierung: für eine flächendeckende evidenzbasierte Versorgung und gegen eine „neue“ Zwei-Klassen-Therapie“ von Herrn Prof. Dr. Bernhard M. Borgetto. Dieser zeigte die Notwendigkeit der Vollakademisierung der ELP-Berufe für eine gleichberechtigt effiziente Patient*innenversorgung, die Weiterentwicklung der Wissenschaftsdisziplinen sowie die Anschlussfähigkeit ans (akademisierte) Ausland auf. Den aktuellen Entschluss des BMG zur Teilakademisierung natürlich vernommen habend, forderte Prof. Borgetto durch die Angabe eines „politischen Endziels“ der Vollakademisierung in der Novellierung des Berufsgesetzes eine Perspektive zu geben, die der Berufsgruppe die nötige Entwicklungssicherheit bietet. (Die Folien seines Vortrages finden Sie als Download untenstehend)
Den Vormittagsblock rundete der Beitrag von Frau Prof*in Dr. Ursula Walkenhorst zur „Lehrkräftebildung – Strukturen und Optionen für Didaktikentwicklung im Berufsfeld Gesundheit“ ab. In diesem verwies sie darauf, dass es keine bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelungen bzgl. der Mindestanforderungen für Lehrende an (Berufs-)Fach- und Hochschulen gäbe, dass aber ein Standard auf Masterniveau der Entwicklung der Professionen als eigenständige Wissenschaftsdisziplinen zuträglich wäre. Es erfolgte zudem eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Fachdidaktik“ und der spannenden Frage, ob es um eine „Verwissenschaftlichung der Berufe“ oder eine „Verberuflichung der Wissenschaft“ in der Didaktik gehen sollte. (Die Folien ihres Vortrages finden Sie als Download untenstehend).
Dem Thema der praktischen Ausbildung wandten sich die beiden Abschlussvorträge zu. Während Sabine Weyers und Jana Post die „Interne praktische Ausbildung von Logopäd*innen an Hochschulen“ in den Blick nahmen, stellte Frau Prof*in Dr. Marion Riese die Qualifizierung von Praxisanleiter*innen in den Therapieberufen vor. Beide Vorträge gingen dabei von den Kompetenzen, die bei Lernenden im Rahmen der praktischen Ausbildung entwickelt werden sollen, aus und verwiesen auf die Notwendigkeit, dabei die Reflexion des eigenen Handelns zu fokussieren. Während sich S. Weyers und J. Post mit der Frage beschäftigten, wie die traditionell an Berufsschulen gelebte interne, also von Lehrenden der Lehreinrichtung begleitete und in schulinternen Lehrambulanzen durchgeführte Praxis in den Hochschulraum übertragen werden kann, stellte Fr. Prof* Riese ihr Konzept zur Schulung von Praxisanleiter*innen, also praktisch Tätigen, die Lernende in den Praxisphasen unterstützen, vor. (Die Folien der Vorträge von Weyer/Post und Dr. Riese finden Sie untenstehend zum Heruterladen).
Wir danken allen Referentinnen und Referenten für Ihre Beiträge und das Eingehen auf Nachfragen, allen Teilnehmer*innen für Ihr Interesse und der Wannseeschule für das Bereitstellen der Infrastruktur samt stärkender Suppe!
Vera Wanetschka danken wir für Ihr langjähriges und engagiertes Eintreten für berufspolitische Belange und hoffen, dass sie, auch ohne Vorstandsposten im BDSL, die anstehenden Schritte mit Ihrer Expertise unterstützen wird.
Einen besonders herzlichen Dank für ihr Kommen sagen wir Andreas Pust und seiner Frau, verbunden mit den besten Wünschen des gesamten Vorstandes.
Der VAST -Vorstand
Bild zur Meldung: VAST Fachtag 2023